12. Januar 2013 Chile, Nationalpark Torres del Paine – ein Höhepunkt jeder Chile-Reise

Der Nationalpark Torres del Paine ist einer der bekanntesten Nationalparks in Chile, gelegen im Süden des Landes um die Berggruppe der Cordillera del Paine. Paine heißt in der Sprache der Tehuelche-Indianer „himmelblau“, Torres del Paine also „Türme des blauen Himmels“.

Der Nationalpark Torres del Paine umfasst ein 242.000 Hektar grosses Gebiet in den südchilenischen Anden mit atemberaubender Landschaft. Die windzerzauste patagonische Ebene trifft hier auf die emportürmenden  Gipfel der Südcordillere. Der höchste der steil aufragenden Berge ist der 3050 Meter hohe Cerro Paine Grande, umgeben von den Spitzen des Torres del Paine und Cuernos del Paine. Im Park liegen zahlreiche blaugrüne Gletscherseen, die wie Smaragde in der Mittagssonne glitzern. Das landschaftlich attraktive Gelände führt durch artenreiche Pflanzenwelt, die sich zusammengekrümmt gegen den Wind stemmt.

Hier schlägt das Wetter in minutenschnelle um. Von Sonnenschein direkt in Hagelschauer und unvermittelte Kälteeinbrüche gibt es häufig. Mit Regenjacken, Regenhosen, Mütze und proviantgefülltem Rucksack machen wir uns zeitig am Morgen auf dem Weg zur Fährfahrt über den Lago Pehoe.

Am Nordwestufer des Sees beginnt die 8-stündige Wanderung durch das Tal des Rio Francès. Bei strahlendem Sonnenschein beginnen wir den Aufstieg entlang des Lago Skottsberg. Es ist zügig und böig an exponierten Stellen und wir ziehen uns zeitig nach dem Zwiebelprinzip unsere mitgebrachte Kleidung über. Als wir bereits mit Mütze und Regenjacke ausgestattet sind, beginnt ein leichter Nieselregen, der bis zum Ende der Wanderung nicht mehr enden soll.

Der Weg wirdgekreuzt von mehreren Ausläufern des Rio del Francès und wir haben mit feuchtem und matschigem Untergrund zu kämpfen. Eine Stelle ist besonders übel. Dicker Matsch umgeben von dickflüssigen, schmutzigen Pfützen treibt uns an den Rand des Weges. Wo bereits vorangegangene Wanderer einen schmalen Trail geebnet haben, versuchen wir uns durch den Saum des rutschigen Grases zu hangeln, immer an der Kante zu dem Matschweg entlang. Zuerst geht es ganz einfach, es ist fast ein kleiner Parallelweg ausgetreten. Doch plötzlich „stürzt“  der Rand des Weges in die klebrige braune Brühe ab. Unachtsam trete ich dummerweise genau auf diese Stelle und rutsche hilflos in die schmutzige Pampe. Mit der rechten Hand kann ich mich gerade noch rechtzeitig abstützen, um nicht mit meinem kompletten Hinterteil im Dreck zu sitzen. Doch dank der Regenfälle platscht nun der Dreck an meinem Hosenbein hinauf bis zum Jackenärmel und ich sehe aus wie ein Ferkel. Glücklicherweise hat in wenigen Metern Entfernung der Fluss einen Zugang, so dass ich mich und Kleidung gut abwaschen kann.

Das ist gerade nochmal gut gegangen. Ingo wartet an der Stelle, an der ich ausgeglitscht bin und ruft mir schon von Weitem zu: „Ungefähr jeder Vierte ist hier ausgerutscht und in den Dreck gefallen!“ In Poleposition deutet er zur Unterstreichung seiner Aussage auf die Stelle, die den Wanderern zum Verhängnis wurde, als ich merke, dass mein rechter Fuss wie von Geisterhand vom feuchten Grass gezogen wird, um mich erneut in die matschigen Ausläufer hineinzumanövrieren. „Ja, genau da!“ bestätigt Ingo nun mit Kopfnicken und ihn erreichen meine Flüche wie die Explosion einer Bombe.

Nachdem ich einen zweiten Waschgang eingelegt habe, wähle ich wohlweislich einen anderen Weg um die entscheidende Unfall- oder besser gesagt Umfallstelle zu vermeiden. Mit nassen Hosenbeinen und nasskalten Jackenärmeln marschieren wir weiter. Von Kilometer zu Kilometer wird das Wetter schlechter und ich werde gar nicht mehr richtig warm. Ich nutze die letzte Möglichkeit, mir mehr Kleidung überzuziehen und streife die Regenhose über meine feuchte Outdoorhose. Zumindest entwickelt sich nun ein feucht-schwüles Klima an meinen Beinen und lediglich meine Hände konkurrieren noch mit Eiszapfen.

Nach 8 Stunden erreichen wir das Camp, an dem uns die Fähre wieder über den Lago Pehoe zu unserer Campingstation bringen soll. Die Mitnahme der Passagiere erfolgt nach einen „First come, first serve“ Prinzip. Wohlweislich reihen wir uns bereits 40 Minuten vor Abfahrt ein, direkt dem Wind und Regen ausgesetzt und das Klappern meiner Zähne ist nicht zu überhören. Ich habe nur einen einzigen sehnlichsten Wunsch und das ist eine heisse Dusche.

Mein Wunsch wird erhört! Die Duschen am Campingplatz sind so heiss, dass ich mir fast den Rücken verbrenne. Doch trotz der Hitze fühle ich mich, als seien  mehrere Eissplitter an meiner Wirbelsäule heruntergeglitten. Nach 500 g Nudeln mit Thunfisch und Avocado zum Abendessen (die Menge hätte auch eine 4-köpfige Familie ernährt) kriechen wir in die Schlafsäcke und ich träume einen wirren Traum von auf Eisschollen getriebenen Pinguinen mit Bauchschmerzen.

Wir bleiben insgesamt 4 Tage im Nationalpark Torres del Paine und können tatsächlich bestätigen, wie schnell sich das Wetter ändert. Zwei Tage später starten wir eine weitere Wanderung zum Grey Gletscher, die uns das Wasser aus den Poren treibt. Bei Windstille, Sonnenschein und 25 Grad ist von dem Sturm und Regen der letzten Tage nichts mehr zu spüren.

 

Wetter:

überwiegend Regen bei 13 Grad

 

 

 

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